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Ursachen der Schimmelbildung und Einfluß der Lüftung

 

Die nachfolgenden Erläuterungen sind bewusst knapp gehalten und sollen einen schnellen Überblick

über wesentliche Zusammenhänge in Sachen Schimmelbildung und Lüftung liefern. I

 

Ein Schimmelmyzel kann sich überhaupt erst bilden oder weiterwachsen, wenn die relative

Luftfeuchtigkeit 65% an der Bauteiloberfläche überschreitet und die Wandoberfläche befeuchtet

wird. Die Befeuchtung tritt ein, wenn die Wandoberfläche deutlich kühler als die Lufttemperatur

ist (Der genaue Zusammenhang kann mithilfe des Moliere-Diagramms abgelesen werden).

 

Bei konventionell beheizten Räumen (freie Konvektion) werden die Oberflächen der Außenhüllen

bzw. Teile davon oft unzureichend mit Wärme versorgt, so daß die Voraussetzungen für Schimmel-

bildung in der Heizperiode physikalisch gegeben sind. Ein Beispiel aus einer Messung von Frau

Ranacher im Kunsthistorischen Museum in Wien verdeutlicht den Zusammenhang (Heizkörperheizung

mit Ultraschallbefeuchtung):

 

Der örtliche Wert der relativen Luftfeuchte ist abhängig vom Wassergehalt der Luft (in g/kg trockene Luft) und von der

Oberflächentemperatur des Bauteils. Beispiel für konventionelle Raumklimatisierung in der Heizperiode

 

Werte in Raummitte: 21,5 °C,                                 rel. Luftfeuchte 50 % = 8 g/kg

Werte an Wand-Oberfläche hinter Bild: 14,1 °C,       rel. Luftfeuchte 76 % = 8 g/kg (Temperatur an textiler

                                                                            Wandverkleidung)

 

Frostwetter bei gleichen Raumwerten:

Temperatur hinter Bild (auf Bespannung): 11,0 °C,    rel. Luftfeuchte 95 % = 8 g/kg (Schimmelsporen keimen aus)

Wandoberfläche hinter Bespannung hat ab 10,3 °C Taupunkt, d. h. 100% = 8 g/kg (Kondensation findet statt)

 

Liste weiterer, möglicher Ursachen:

1. Bauschäden: fehlende oder schadhafte Abdichtungen, undichte Rohrleitungen

2. konstruktive Mängel, Verwendung nicht feuchteausgleichender Werkstoffe, nicht fachgerecht

angebrachte Innendämmung (Taupunktverschiebung in Verbindung mit freier Konvektion)

3. Überdurchschnittliches Feuchteaufkommen durch Kochen, Duschen, Baden, viele Pflanzen,

    Wäschetrocknen

 

Schimmelförderliche Werkstoffe:

 

Schimmel gedeiht auf saurem Materialuntergrund am besten. Dies ist z.B. bei Gips-Werkstoffen der

Fall. Gipswerkstoffe an Aussenwänden sind daher im Zusammenhang mit nicht ausreichend

temperierten Oberflächen wesentlich problematischer. Kalkputze, Kalkfarben, Lehmputze hingegen

sind basisch und bieten von vornherein wesentlich schlechtere Grundlagen für Schimmelwachstum.

 

Schlussfolgerungen:

 

In konventionell beheizten Räumen kann Schimmel durch Einsatz von Bioziden oder Alkohol an den

problematischen Stellen nicht dauerhaft verhindert werden. Die Wärmeverteilung - also die

physikalische Grundlage - muß verbessert werden, sodaß die Oberflächentemperaturen

erreicht werden, die eine Schimmelbildung erst gar nicht mehr zulassen.

 

Häufiges Lüften kann den Schimmelbefall nicht verhindern. Das Problem kann durch auskühlende

Wirkung sogar noch verschärft werden.

 

Problematisches Lüftungsverhalten:

 

Insbesondere in konventionell beheizten Schlafräumen ist die Gefahr der Schimmelbildung in der

Heizperiode erhöht. Der Mensch setzt eine hohe Wasserdampfmenge frei. Konventionelle

Beheizung bewirkt aber eine hohe, nicht für den Schlafbereich geeignete Lufttemperaur mit erhöhtem 

Feuchtegehalt. Diese Feuchte schlägt sich an den kühlen Aussenflächen nieder und wird sorbiert.

Häufig zu beobachtendes langes Lüften kühlt die Hüll- und Leibungsflächen weiter aus, so daß in den

Leibungsflächen und in den Außenecken zwangsläufig die Grundlagen für Schimmelbildung gelegt

sind.  bzw. die Problematik insbesondere im Winter noch verschärft wird.

 

Haben Sie schon mal beobachtet, daß Kellerlüftung im Sommer zu schnellem Schimmelbefall geführt

hat? Nach den vorangegangenen Erläuterungen wird Ihnen jetzt wahrscheinlich deutlich, warum das so

ist:

 

Warme und feuchte Luft trifft auf deutlich niedrigere Oberflächentemperaturen im Kellergeschoss.

Die Luft kühlt ab, hat eine verminderte Feuchteaufnahmefähigkeit (die relative Luftfeuchte steigt

insbesondere in Wandnähe an) und die Oberflächen werden feucht. Wände, Holz, Wäsche ....

innerhalb kürzester Frist voll mit Schimmel. Kellerlüftung im Winter hingegen ist unproblematisch.

 

Ausgekühlte Räume, die im Winter nicht beheizt wurden verhalten sich wie Keller. Aufheizen im

Frühjahr und Sommer durch Öffnen von Fenstern und Türen erhöht vor allem die Gefahr der

Schimmelbildung.

 

An erdberührenden Wandsockeln ist die Problematik des Sommerkondensates ebenfalls

festzustellen - hier schafft die Temperierung zuverlässig Abhilfe.

 

Empfehlungen für gutes Lüftungsverhalten:

Lüften Sie grundsätzlich bei voll geöffneten Fenstern und über mehrere Räume hinweg quer

 

1. Lüftungszeiten so kurz wie möglich halten - je größer die Lüftungsflächen, desto besser. Also: Wenn

    möglich mit geöffneten Fenstern über mehrere Räume Querlüften, ansonsten Zimmer einzeln

    Stoßlüften. Dies verhindert in jedem Fall Auskühlungsvorgänge, die zu einem erhöhten

    Energieverbrauch führen.

 

    Im Sommer können Fenster von Räumen, die in der Heizperiode beheizt wurden, in Kippstellung

    verbleiben (s. auch problematisches Lüftungsverhalten)

 

2. Lüften Sie Schlafzimmer und Bäder immer nach aussen - niemals in angrenzende Räume hinein.

 

3. Wenn Sie eine Luftheizung haben: heizen Sie morgens nach dem Aufstehen kurz hoch - die Luft

    nimmt mehr Feuchte auf - und lüften Sie erst dann.

    Auf diese Weise befördern Sie überschüssige Feuchte viel schneller nach draußen. 

    Sofern möglich - lüften Sie dann Quer. Decken Sie ihre Betten nicht zu schnell wieder ab - lassen

    Sie aufgedeckt gut ablüften - hängen Sie Bettdecken und Kissen lieber über den Vormittag aus und

    lassen Sie die Matraze ablüften, die am meisten Feuchtigkeit aufnimmt.

 

4. Im Sommer sind die Lüftungszeiten aufgrund der höheren Luftfeuchte außen länger. Im Winter läuft

    die Senkung der Raumluftfeuchte aufgrund der trockeneren Aussenluft schneller ab - führt  also zu

    kürzeren Lüftungszeiten.

 

Der Lüftungsbedarf von Räumen mit Strahlungswärmebeheizung ist in der Heizperiode

eine physikalisch bedingt deutlich geringer.

 

Schimmelsanierung:

Bei oberflächlichem und schwachem Befall kann der Schimmel mit einem alkoholgetränkten Tuch

abgenommen werden.

Bei feuchten Flachen ist 80%iger und bei trockenen Flächen 70%iger Ethylalkohol oder entsprechend

verdünnter Brennspiritus zu verwenden. Saugen Sie die Oberflächen danach mit einem geeigneten

Staubsauger (HEPA Filter) ab. Bei starkem und tiefergehendem Befall, ist das betroffene Material

abzutragen (Bitte unbedingt fachgerecht durchführen und Gesundheitsschutzanforderungen beachten).

 

Entsorgen Sie die verwendeten Reinigungsmaterialien und Staubsaugerbeutel in dicht

verschlossenen Beuteln und verwenden Sie diese nicht mehrfach. Wenn Sie sich auf diesem Gebiet

nicht auskennen, lassen Sie sich unbedingt von einem neutralen Fachman (z.B. Baubiologen und

baubiologischer Meßtechniker) beraten. Diese Fachleute können den Grad des Schimmelschadens

beurteilen und möglicherweise vorliegende Bauschäden feststellen.

Achten Sie darauf, das es keine offensichtlichen Interessenkonflikte geben kann, wenn die Sanierung

oder Sanierungsprodukte aus derselben Hand angeboten werden.

 

Um eine dauerhaft funktionierende Lösung zu bekommen, ist Wärmestrahlung das wirksamste und

einfachste Mittel der Wahl. Die Wandtemperierung nach Henning Großeschmidt ist eine

bewährte und zielführende Methode, bei der mit einfachsten Mitteln sehr gute Ergebnisse durch

Abstellen der Ursachen erzielt werden. Die Wände sind ausreichend warm, ohne dass die Raumluft

wärmer als die Wände werden kann.

 

Die Atemluft bleibt also kühl, sodaß die Lunge ihre Kühlfunktion wahrnehmen kann. Gerade auch

Schlafräume können also gesund ohne Einbußen an Behaglichkeit oder einem erhöhten

Energeiverbrauch beheizt werden. Im Unterschied zu den allermeisten anderen Strahlungs-

wärmesysteme, werden bei der Temperierung - richtig ausgeführt - die kritischen Bereiche immer

zuverlässig mit ausreichend Wärme versorgt.

 

Weitere Maßnahmen:

 

1. Innendämmung, dichte Tapeten, Vinyl- und Thermotapeten entfernen, sofern keine

    feuchtepuffernden Eigenschaften vorliegen

 

2. befallene poröse Materialien und befallene leicht austauschbare Teile entfernen.

 

3. befallene, nicht ausbaubare Teile durch Abtragen/Abhobeln auch in tieferen Schichten entfernen

 

Ich rate Ihnen von der Verwendung giftiger Fungizide an Innen- und Außenflächen ab, da diese

gesundheitsgefährdend sind.

 

Beachten Sie unbedingt die Unfallverhütungsvorschriften, verwenden Sie Schutzbrillen, Mundschutz

und Schutzhandschuhe bzw. Schutzanzug und achten Sie darauf, daß bei der Entfernung ein

Aufwühlen der Pilze und Sporen vermieden werden muss.

 

Denken Sie an eine fachgerechte Entsorgung der Verbrauchsmaterialien bzw. Desinfektion der

eingesetzten Werkzeuge.

 

4. Verwenden Sie einen Hygrometer zur Messung der Luftfeuchtigkeit und lüften Sie spätstens ab

    60% Luftfeuchtigkeit (bei freier Konvektion). Wenn solch hohe Luftfeuchtigkeitswerte regelmäßig

    gemessen werden sollten, so ist unbedingt die Ursache zu erforschen - mit Temperierung sollte

    dies nur in der Trocknungsphase der Aussenhülle der Fall sein oder wenn ein Bauschaden vorliegt.

    Prüfen Sie immer zuerst, ob eine ausreichend hohe Lüftungsrate vorliegt.

 

5. Wärmen Sie bei Luftbeheizung kühlere Räume niemals durch Öffnen von Türen zu beheizten

    Räumen, da die Luftfeuchtigkeit in den beheizten Räumen erhöht ist und dadurch die

    Kondensatbildung und Befeuchtung der Außenflächen in den kühleren verstärkt wird.

 

Bei hohen Bauteilfeuchtigkeiten sind geeignete Trocknungsmaßnahmen zu treffen, was ein eigenes

Kapitel ist und auf dieser Seite im Laufe der Zeit noch ergänzt wird.

 

Dauerhafte Sanierung von schimmelbelasteten Stellen:

 

Alle Maßnahmen machen nur Sinn, wenn Sie gleichzeitig die Voraussetzungen für eine ausreichende

Oberflächentemperierung schaffen. Das kann m.E. nur mit Strahlungwärme zuverlässig erreicht

werden.

 

Bauplanung:

 

Nachfolgende Schlussfolgerungen können aus den ausgeführten Zusammenhängen auf die Planung

von Grundrissen und Raumaufteilungen im Sinne eines gesunden, behaglichen und energie-

verbrauchs-senkenden Raumklimas gezogen werden:

 

1. Multifunktionswohnräume sind problematisch: Die Anforderungen an einen Schlafraum sind anders

    als an einen Arbeits- oder an einen gemütlichen Wohnraum. Eine Trennung der Räume

    gewährleistet eine vereinfachte und raumindividuelle Steuerung.

2. Es ist unbedingt auf bauphysikalisch abgestimmte Materialien und Komponenten zu achten.

    Idealerweise sollten diese baubiologische Anforderungen erfüllen. 

 

Dies sind beste Voraussetzungen für die Gesundheit der Bewohner sowie Langlebigkeit und niedrige 

Betriebskosten eines Gebäudes. Die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung darf nicht nur auf die unmittelbare

Energieeffizienz beschränkt werden.